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27.03.2017

REISEBERICHT März 2017

BEST OF STERNTOUR - März 2017 

Die Kumpels meinten: «Ou ja, toll, Enduro fahren in der Wüste! Das würde mir auch gefallen». Als es dann konkret wurde: "habe grad Knieschmerzen", "trau mich nicht.

Und so begab ich mich denn alleine nach Marokko.

Nach einem Akklimatisationstag sitze ich (Schweizer, 54, 35 Jahre Strassen-Enduro-Fahrer) jetzt in voller MX-Montur im Auto. Mit dabei sind aus dem grossen Kanton (alles was nördlich vom Rhein ist). Hannes aka Tiger fährt und hält dann vor einem grossen Tor. Und da steht SIE:  Meine KTM 450 EXC. Meine Katie... sie glänzt mir erwartungsvoll entgegen. Lasziv lässt sie die Tankentlüftung oben raushängen und streckt mir ihre stoppeligen, langen Beine entgegen. Ihre orange Farbe kontrastiert hervorragend mit dem anthrazitfarbenen Rücken. "77", eine scharfe Nummer. Sie ist auf mich eingestellt und sie will mit mir in die Dünen. Mein Brustpanzer wird eng...

Hannes brettert gleich einen ziemlich tiefsandigen Weg hinunter. Ich versuche mich gleich mal im Stehend fahren, was eigentlich auch schon ganz gut klappt. Es wackelt zwar etwas, aber ich ignoriere das mal und drehe etwas weiter auf. Die Theoriestunde von Sebastian ("immer an der Banane drehen") am Vorabend nach einigen Bierchen hat genützt. Enduro-Erfahrung wird überschätzt. Ich bin wahrscheinlich einfach ein Naturtalent. Ausserdem habe ich massig Protektoren an meinem muskelbepackten Körper. Grrrrr... ich bin auch ein Tiger!

Kaum 10 Minuten später in den Sandhügelchen am Strand liegt Katie im Sand, weil sie ein Hindernis verweigert hat: Wo ist das Problem mit dieser lächerlichen 2m Damen-Düne? Ist wohl doch kein so gutes Motorrad... denke ich mir und grabe das Teil kraft der erwähnten Muskeln wieder aus.

In der nächsten halben Stunde fällt auf, dass Katie sich öfters mal mit dem Hinterrad eingräbt. Vermutlich ist die Federung zu weich eingestellt für einen Hard-Enduristen wie mich. Das Ausbuddeln ist anstrengend und die Liebe schwindet langsam. Ausserdem glänzt Katie nicht mehr.

Dafür glänze ich umso mehr und die Muskelkraft-Anzeige blinkt rot. Auf Youtube sah das einfacher aus. Ich gehe nun dazu über, die Unzulänglichkeiten des Motorrades durch eloquente Fahrtechnik zu kompensieren. Es ist eigentlich ganz einfach: Grundsätzlich wird im Stehen gefahren... oder im Sitzen, je nach Untergrund. Ausserdem empfiehlt es sich eher zu viel als zu wenig Gas zu geben... wobei das natürlich immer vom Untergrund anhängig ist! Jetzt muss ich das nur noch meiner Katie beibringen...

Die nächste Lektion kommt 10 km später. Während Otto sein Motorrad ausgräbt, lässt Hannes kurz die Leine etwas locker und ich kurve selbständig zu Trainingszwecken im Stehen rum.  Ist ja alles flach, keine bösen Dünen in der Nähe, also keine Gefahr. Und plötzlich fliege ich über den Lenker und lande nach einen "threesixty doubleflip quad cork back grab" im Sand.  Das Vorderrad hat eine Weichsandstelle erwischt, was in einer eindrücklichen negativen Beschleunigung des Vorderrades resultiert. Mein Grosshirn verpasst die zeitgerechte Meldung an das Kleinhirn, dieses verschläft die Befehl an den Po "NACH HINTEN!" und der gesamte Helminhalt fliegt in hohem Bogen über den Lenker. Die Video-Analyse offenbart später eine kleine Unsauberkeit in der Ausführung (abgespreizte Finger). Stilnote trotzdem um 5.9.

Aufstehen, Krone zurechtrücken und weitermachen! Die Krone ist mittlerweile allerdings auch schon verbogen. Hannes weist mich an, solche Eskapaden zu unterlassen. Das könne gefährlich werden. Echt jetzt?

Und so geht das in den nächsten Tagen weiter. Die KTM gewöhnt sich immer mehr an das Gelände, entdeckt Löcher, Querrillen, "Hubser", verschiedene Sandqualitäten und Steine frühzeitig und weicht ihnen nicht mehr aus, sondern sieht diese als Herausforderung, die Technik zu verbessern. Ein schwänzelndes Hinterrad wird nicht mehr als Bedrohung wahrgenommen, sondern erhöht den Fahrspass und <s>ist einfach geil</s> macht Laune.

Dann aber kommt der schwarze Tag. Tag 3. Der Moment zieht in einsamen Nächten immer noch an mir vorbei. Diesen Schrei in der Abenddämmerung werde ich so schnell nicht mehr vergessen: "Bier ist alle!" Marion kann das Problem zwar innerhalb von 15 Minuten lösen, aber der Schreck sitzt uns in den Gliedern. Hatten wir in den letzten Tagen doch einige heikle Situationen zu meistern... aber sowas hinterlässt Spuren.

Fazit:

Wer bei 45 Grad Neigung in der Düne steht, und versucht das Motorrad auszugraben, ist sehr froh um gute Ratschläge "von oben"

Gas geben nützt (meistens)

Wenn du in der Scheisse (aka Sand) steckst, nützt Gas geben nix (mehr)

Von unten sehen "Sonderprüfungen" steiler aus, als von oben

Halte nie hinter den Kameraden an (sonst stauben sie dich beim weg fahren ein)

Hard-Enduro fahren ist hart und macht müde

Viele Peinlichkeiten kann man sich ersparen, indem man die Kraft eines Bodybuilders und Ausdauer eines Marathonläufers hat... oder Enduro fahren kann

Wer jetzt nur einmal geschmunzelt hat, soll versuchen es besser zu machen! Die Adresse zur Anmeldung findest Du oben in Deinem Browser. Und auch wenn Du es nicht besser hinkriegst: Ich garantiere Dir, dass Du mehr Spass hast als beim...